zurück StartseiteDer Planet AgibaraniaWesen und OrteTitelseiteInhaltsverzeichnis2m) Abschied


Abschied


Mojalian drängte zum Aufbruch.
Mojalian drängte Skukius und Rafyndor eindringlich, unverzüglich aufzubrechen, um ihm das Portal zu zeigen.

Rafyndor warf ihm einen irritierten Blick zu, ehe er empört ausrief: „Na hör mal! Skukius mag es schaffen, die Strecke an einem Tag zurückzulegen, aber ich bin nicht mit Flügeln gesegnet! Ich brauche mindestens eine Woche, um dorthin zu gelangen. Und ich kann doch nicht einfach alles stehen und liegen lassen und Hals über Kopf in den Wald stürzen. Ich muss Vorbereitungen treffen!“

Mojalian begegnete Rafyndors Einwand mit einem ruhigen, sachlichen Blick. Eine Woche wird nicht nötig sein, entgegnete er gelassen. Ich besitze die Fähigkeit, uns direkt an den Ort zu bringen, an dem sich das Portal befindet − und ebenso schnell auch wieder hierher zurück.

Rafyndor starrte ihn verblüfft an. „Das kannst du wirklich?“, fragte er ungläubig.

Mojalian nickte bedächtig, bevor er hinzufügte: Allerdings benötige ich Skukius’ Hilfe. Wenn er mir noch einmal Zugang zu seinen Gedanken gewährt, könnte ich die genaue Position des Portals nachvollziehen.

Rafyndor überbrachte Mojalians Bitte an den Korvum-Raben. Skukius, der zunächst tief seufzte, gab schließlich ein zustimmendes Nicken. Langsam schloss er die Augen und ließ sich ganz auf die Magie ein. Er wurde eins mit einer seiner Kopffedern − er war der Schaft, die Fahne, der Widerhaken. Sein Bewusstsein verschmolz vollständig mit der Feder.

Rafyndor beobachtete fasziniert, wie die Federkrone des Korvum-Raben zu leuchten begann, ein sanftes Strahlen, das ihre Konturen übernatürlich erhellte.

In Skukius′ Gedanken erklang Mojalians Stimme, sanft und getragen: Ich danke dir, Skukius, für diesen großen Einsatz. Bitte rufe dir nun die Stelle ins Gedächtnis, an der du das Portal entdeckt hast.

Skukius visualisierte den unheimlichen Ort mit erschreckender Klarheit: den Boden, überwuchert von einem dichten Teppich aus Moos, und darüber die gewaltigen Baumkronen, deren grüne Pracht das Licht fast vollständig verschlang.

Danke, erklang Mojalians Stimme in seinen Gedanken. Du kannst die Verbindung jetzt wieder lösen.

Rafyndor beobachtete, wie das Strahlen der Federkrone allmählich erlosch und wieder ihre natürliche Färbung annahm.



Skukius stellte sich den Ort noch einmal vor, an dem er das Portal entdeckt hatte, damit Mojalian wusste, wohin er sie bringen musste.

Seid ihr bereit für den Aufbruch?, fragte Mojalian, seine Stimme voller ruhiger Entschlossenheit.

Rafyndor übersetzte die Frage, und Skukius nickte wortlos. Rafyndor selbst schluckte einmal, atmete tief durch und stimmte mit einem Nicken zu.

Mojalian entfaltete seine majestätischen Schwingen und schloss Rafyndor sowie Skukius, der weiterhin auf dessen Arm verweilte, schützend in ihren sanften Bogen ein. Ein atemberaubendes Farbenspiel umfing sie, ein fließendes Mosaik aus Blau, Grün und Violett, das die Luft um sie in magischen Glanz tauchte und sie in stumme Bewunderung hüllte.



Rafyndor hatte nicht mitbekommen, wie Mojalian mit ihnen den Platz gewechselt hatte.

Dann öffnete Mojalian die Flügel wieder, und Rafyndor wollte gerade fragen, ob der Zauber gescheitert sei. Doch die Worte blieben ihm im Hals stecken, als er sich umblickte − und seine Kinnlade vor Erstaunen nach unten klappte.

Die vertraute Umgebung seines lichtdurchfluteten Waldes war verschwunden. Stattdessen erstreckte sich vor ihm ein grünes Meer aus Moos und Blättern, eingehüllt von einer undurchdringlichen Baumkrone, die kein Sonnenstrahl durchdringen konnte.

„Ich habe überhaupt nicht bemerkt, dass wir uns fortbewegt haben“, gestand Rafyndor, sichtlich erschüttert.

Mojalian zuckte nur mit den Schultern und schenkte ihm ein amüsiertes Lächeln.

Dann wanderten seine Augen suchend durch die moosbedeckte Lichtung, bis sie auf jenes Detail fielen, das er suchte: Eingebettet zwischen den verschlungenen Wurzeln eines knorrigen Baumes lag ein großer, runder, grüner Kristall.

„Ich habe ihn gar nicht bemerkt, als ich hier war“, gestand Skukius zerknirscht. „Ich war ganz darauf konzentriert, das Zentrum des magischen Feldes aufzuspüren.“

Mojalian trat näher und untersuchte den Kristall mit prüfendem Blick. Nach einer Weile runzelte er die Stirn. Ein Smaragd fehlt, stellte er fest, seine Stimme von leiser Besorgnis gefärbt.

Er trat zurück, entfaltete seine gewaltigen Schwingen und legte sie behutsam um den Baum, der den Kristall beherbergte. Einen Moment lang schien nichts zu geschehen, doch dann materialisierte sich in kurzer Entfernung ein Tor − ein pulsierendes, smaragdgrünes Oval, das im Raum zu schweben schien.

Mojalian löste seine Flügel vom Baum und glitt beinahe lautlos auf das Portal zu. Als er sich näherte, begann es, in tiefem Blau zu schimmern, ein mystisches Leuchten, das die umgebende Dunkelheit durchbrach.


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Als Mojalian den Baum mit seinen Flügeln umfing, öffnete sich ein grünes Tor.

Er kehrte zu Rafyndor und Skukius zurück, woraufhin das Schimmern erlosch. Es funktioniert noch, erklärte er nachdenklich. Doch es führt nur noch in eine Richtung − fort von Vanavistaria. Der Zugang zu eurer Welt wurde manipuliert, und das erklärt, weshalb die Verbindung damals so plötzlich abbrach.

Rafyndor übermittelte Mojalians Worte an Skukius, der mit ernster Miene lauschte.

Mojalian wandte sich erneut dem Baum zu, umfasste ihn ein weiteres Mal mit seinen Flügeln, und das Portal verschwand so lautlos, wie es erschienen war. Als er sich wieder Rafyndor und Skukius zuwandte, war sein Gesicht von ungewohnter Schwere gezeichnet.

„Was ist los?“, fragte Rafyndor erschrocken.

Skukius, begann Mojalian in tiefem Ernst, ich muss dich abermals bitten, deine Gedanken für mich zu öffnen. Das, was ich euch jetzt mitteilen werde, ist von größter Bedeutung für das Überleben Vanavistarias.

Rafyndor übersetzte, und Skukius nickte zögernd, bevor er erneut die Magie in sich erweckte. Seine Federkrone begann in feinem Licht zu erstrahlen.

Der Ort dieses Portals, sprach Mojalian, seine Worte schwer wie die Stille vor einem Sturm, darf niemals bekannt werden. Ihr müsst mir versprechen, dass ihr niemandem − nicht einmal Pranicara oder Lililja − von seiner Existenz erzählt. Könnt ihr das tun?

Rafyndor, sichtlich verwirrt, nickte zögernd, ebenso wie Skukius, der dabei angestrengt murmelte: „In Ordnung, aber warum?“



Mojalian warnte Rafyndor und Skukius eindringlich, niemals über das Portal zu sprechen, da sonst die Unda Palata, die Zerstörerwesen von Bulotojok, darauf aufmerksam werden könnten.

Weil es in den Weiten des Universums nicht nur Hüterwelten gibt, erklärte Mojalian mit ernster Stimme, sondern auch solche, die einzig auf Zerstörung ausgerichtet sind. Die Wesen von Bulotojok − die Unda Palata, wie sie sich selbst nennen − haben es insbesondere auf meine Heimatwelt Valivisia abgesehen, da wir sie immer wieder an ihren finsteren Vorhaben hindern. Sie haben bereits versucht, dieses Portal in ihre Gewalt zu bringen. Damals, als eure Zaubergemeinschaft nach der Trennung wieder zueinanderfand, konnten Resogurion und Tarodastrus dies gerade noch verhindern. Doch wenn bekannt wird, dass das Portal wiedergefunden wurde, werden die Unda Palata erneut ihre dunklen Pläne verfolgen.

Rafyndor wurde blass und wirkte, als wolle er in Panik verfallen. Mojalian lächelte mild und sprach mit sanfter Stimme: Rafyndor, es gibt keinen Grund zur Beunruhigung − solange ihr dafür sorgt, dass niemand von diesem Ort erfährt. In diesem Fall wird auch Vanavistaria unversehrt bleiben. Versprecht mir, den Ort und das Portal niemals zu erwähnen.

Beide nickten, tief betroffen vom Ernst der Lage.

Mojalian seufzte leise, bevor er bedauernd sprach: Ich hatte gehofft, das Portal reparieren zu können. Doch ohne den fehlenden Smaragd ist das nicht möglich. Und ohne eine funktionierende Verbindung kann unser Weisenmeister es auch nicht zerstören, um ein neues zu erschaffen. Deshalb muss dieser Ort für immer im Verborgenen bleiben.

Die Stille, die folgte, wurde von Rafyndor durchbrochen. „Das bedeutet also, dass dies ein Abschied für immer ist?“, fragte er mit traurigem Unterton.

Mojalian nickte langsam. Ja. Es bleibt keine andere Wahl.

Er verneigte sich leicht, ein Ausdruck tief empfundener Dankbarkeit, und wandte sich an Skukius. Du kannst die Verbindung nun lösen. Ich habe alles gesehen, was ich wissen musste.

Als die Federkrone des Korvum-Raben ihr Leuchten verlor, wandte sich Mojalian noch einmal an seine beiden Begleiter. Sollen wir zurückkehren?, fragte er leise.

Rafyndor übermittelte die Frage an Skukius, und beide nickten schweigend. Mojalian entfaltete erneut seine mächtigen Schwingen, umhüllte Rafyndor und Skukius mit einem flimmernden Farbenspiel aus Blau, Grün und Violett, und brachte sie in einem einzigen, lautlosen Moment zurück zu Rafyndors Hütte.

Dann öffnete Mojalian seinen Geist, ließ die Gedanken durch die Sphären der Zaubergemeinschaft fließen und sprach: Die Zeit ist gekommen. Ich werde heimkehren. Doch zuvor würde ich mich gerne von euch allen in der Kristallhöhle verabschieden.



Mojalian brachte Rafyndor und Skukius zurück zur Hütte des Waldhüters.

Die Nachricht verbreitete sich wie ein leises Echo, das sich bald zu einem mächtigen Ruf verdichtete. In Windeseile strömten die Zauberwesen zum vereinbarten Treffpunkt, ihre Schritte getrieben von Neugier und leiser Wehmut.

In Mojalians Geist erhob sich die Stimme des Hohenmagiers, getragen von einem Ton des Bedauerns: Das kommt unerwartet, Mojalian. Ich hatte gehofft, dass wir noch Zeit finden würden, die Geschichte Vanavistarias gemeinsam zu ergründen. Vielleicht ergibt sich in der Zukunft die Möglichkeit, dass du uns erneut besuchst, um dieses Gespräch doch noch zu führen?

Mit schwerem Herzen erwiderte Mojalian: Das wird nicht möglich sein, Hohermagier. Es liegt außerhalb meiner Fähigkeiten, das Portal zu reparieren. Eine Rückkehr nach Vanavistaria ist daher ausgeschlossen.

Ein kurzes Schweigen folgte, dann fragte Meister Lehakonos betroffen: Bedeutet dies, dass euer Weisenmeister das Portal weder zerstören noch ein neues erschaffen kann?

Mojalian nickte langsam. Ja, so ist es. Diese Verbindung bleibt unwiederbringlich verloren. Seine Stimme klang schwer wie die Last einer unerfüllten Hoffnung. Nach einem Moment der Stille fuhr er fort: Was jedoch die historischen Aufzeichnungen Vanavistarias betrifft: Die entscheidenden Fakten stimmen mit den Überlieferungen überein. Die kleineren Details, die Tarodastrus möglicherweise ausgelassen hat, sind letztlich von untergeordneter Bedeutung.



Am Eingang der Kristallhöhle warteten Mojalian, Rafyndor und Skukius gemeinsam auf Lililja und Pranicara.

Mit Rafyndor und Skukius an seiner Seite schwebte Mojalian in sanftem Gleiten zur Kristallhöhle. Dort warteten bereits Pranicara und Lililja, und gemeinsam traten sie ein in den uralten Versammlungsort.

Die Höhle, erfüllt von einem kristallenen Schimmer, hatte sich inzwischen bis auf den letzten Platz gefüllt. Mojalian blieb bei seinen Freunden stehen, während seine Augen suchend nach dem Hohenmagier Ausschau hielten.

Kaum war seine Ankündigung durch die Gemeinschaft gegangen, war das Geisterwesen erneut von einer Flut aus Fragen umringt worden. Geduldig beantwortete er so viele wie möglich.

Doch auf diejenigen, die nach dem genauen Standort des Portals oder seiner Entdeckung fragten, ging er dieses Mal nicht ein. Anderen, die ihm eine glückliche Heimkehr wünschten, dankte er mit einer herzlichen Geste, und auf die bange Frage, ob er jemals zurückkehren würde, antwortete er sanft, aber bestimmt: Dies ist ein Abschied für immer.

Als schließlich Meister Lehakonos eintraf, bewegte sich Mojalian mit anmutiger Leichtigkeit auf ihn zu. Gemeinsam stiegen sie auf das Podium hinauf, von dem aus die Anwesenden ihre Worte erwarten würden.

Eine ehrfürchtige Stille senkte sich über die Höhle, so tief, dass das leise Flüstern der Kristalle zu hallen schien.

Mojalian schwebte anmutig zum Rand des Podiums, sein Licht von einer leisen, doch unübersehbaren Erhabenheit durchdrungen. Dort öffnete er seinen Geist, weit und einladend, sodass selbst Nanistra in die Verbindung einbezogen wurde. Zugleich entfachte Skukius erneut die Magie in seinem Inneren.

Die Federkrone des Korvum-Raben begann in einem zauberhaften Glühen zu erstrahlen, ein Anblick, den die meisten der Anwesenden niemals zuvor erlebt hatten. Eine Welle des Staunens durchlief die Menge, als sie überrascht und ehrfürchtig auf dieses leuchtende Wunder blickten.

In die Stille hinein erhob Mojalian seine Stimme in Gedanken, klar und durchdringend:



Mojalian bedankte sich bei den Zauberwesen Vanavistarias für die freundliche Aufnahme und verabschiedete sich nun.

Geschätzte Zaubergemeinschaft Vanavistarias, ich danke euch aus tiefstem Herzen für die Wärme, mit der ihr mich aufgenommen habt, und für das Vertrauen, das ihr mir entgegengebracht habt. Ich kam als ein Fremder in eure Welt, doch nun gehe ich als Freund.

Leider wird es mir nicht vergönnt sein, je wieder hierher zurückzukehren. Dennoch war meine Zeit unter euch eine unvergleichliche Bereicherung. Viele Eindrücke und wertvolle Erkenntnisse werde ich mit nach Valivisia nehmen, wo sie in meinem Herzen fortleben werden. Möge ich in eurer Erinnerung denselben Platz finden, den ihr in der meinen einnehmt.

Doch eine Bitte habe ich an euch, und sie ist von größter Bedeutung: Für das Wohlergehen Vanavistarias, ja, für dessen Bestand, müsst ihr darauf verzichten, das Geheimnis des Portals zu ergründen − weder wer es gefunden hat, noch wo es verborgen liegt. Das Portal muss im Verborgenen ruhen, damit keine fremden Begehrlichkeiten es gefährden. Nur so kann eure Welt vor drohenden Gefahren bewahrt werden. Ich danke euch.

Als seine Worte verklangen, brandete ein überwältigender Applaus durch die Höhle, wie ein stürmischer Ozean, der an die Ufer eines fernen Gestades brandet. Skukius ließ die Verbindung sanft erlöschen, und das Licht seiner Krone verblasste allmählich.

Meister Lehakonos trat vor, seine Präsenz ruhig, doch von Gewicht. Seine Stimme erhob sich, getragen von der Feierlichkeit des Augenblicks:

„Lieber Mojalian, nicht nur du hast von uns gelernt. Auch wir haben durch dich wertvolle Einsichten gewonnen. Deine Weisheit und dein Mitgefühl haben vielen in Vanavistaria Trost und Orientierung geschenkt. Es fällt uns schwer, dich ziehen zu lassen, doch wir verstehen, dass dich dein Weg zurück in die Heimat führt. Mit schwerem Herzen, aber auch mit aufrichtiger Dankbarkeit wünschen wir dir eine wohlbehaltene Rückkehr. Deine Bitte soll uns heilig sein − wir werden weder nach dem Portal noch nach seinem Entdecker forschen. Möge das Licht, das du hier entzündet hast, ewig leuchten.“

Ein zweiter Applaus erfüllte die Höhle, dieses Mal durchwoben von der leisen Melancholie des Abschieds. Gemeinsam verließen Meister Lehakonos und Mojalian das Podium, die Luft um sie her von stiller Andacht erfüllt.

In Gedanken wandte sich der alte Lehrmeister an Mojalian: Ich vermute, viele werden dich persönlich verabschieden wollen. Lass uns hinaus ins Freie gehen; dort wird die Menge sich leichter zerstreuen.

Mojalian nickte zustimmend, und sie begaben sich gemeinsam nach draußen, wo die Kristallhöhle ihren Eingang ins Freie öffnete.

Wie Meister Lehakonos vorausgesehen hatte, umringte sogleich eine Schar von Zauberwesen das Geisterwesen, jedes einzelne erfüllt vom Wunsch, Mojalian Angesicht zu Angesicht eine gute Heimkehr zu wünschen. Die Zeit dehnte sich, während die Reihen sich langsam lichteten. Erst nach langer Dauer verabschiedete sich der letzte der Anwesenden.

Nun wandte sich Mojalian mit einer unerwarteten Bitte an Meister Lehakonos: Darf ich Euch auf dem Weg zu Eurem Heim begleiten?



Meister Lehakonos und Mojalian verließen gemeinsam die Kristallhöhle, um draußen den Zauberwesen die Gelegenheit zu geben, sich persönlich von Mojalian zu verabschieden.

Der Hohenmagier hob erstaunt die Brauen. „Gewiss, Mojalian. Doch darf ich erfahren, was dich dazu bewegt?“

Das Geisterwesen neigte leicht den Kopf und erwiderte: Ich möchte mich persönlich von Eurer Hausmagd verabschieden.

Meister Lehakonos musterte ihn mit einem Anflug von Verwunderung, hielt jedoch inne, weitere Fragen zu stellen. Stattdessen nickte er und ging gemeinsam mit Mojalian zu seinem Anwesen. Als sie vor der alten Holztür angelangt waren, rief der Hohenmagier ins Innere: „Nanistra, hier ist jemand, der sich von dir verabschieden möchte.“



Meister Lehakonos sah überrascht, dass Nanistra lächelte, als Mojalian sich von ihr verabschieden wollte.

Die gebrechliche Hausmagd schlurfte mit langsamen, bedächtigen Schritten herbei. Ihre Lippen umspielte ein sanftes Lächeln, das Meister Lehakonos merklich irritierte. Es war ein Anblick, den er so selten erlebt hatte, dass er beinahe vergessen hatte, wie Nanistra lächelte. Doch nun richtete sie dieses Lächeln unverhohlen auf das Geisterwesen.

Da müssen Gedanken gewechselt worden sein, von denen ich nichts weiß, dachte der alte Magier, ehe er mit den Schultern zuckte und sagte: „Nun, Mojalian, ich lasse euch allein. Möge deine Heimkehr sicher sein, und mögest du uns in guter Erinnerung behalten.“

Das werde ich, Hohenmagier, versprach Mojalian mit einem leichten Neigen seines Hauptes.

Meister Lehakonos verschwand in seinem Studierzimmer, während Nanistra und Mojalian sich gegenüberstanden. Der zarte Schein des Mondlichts, der durch das Fenster fiel, ließ die Augen der alten Frau in geheimnisvollem Glanz erstrahlen.

Nanistra, begann Mojalian, ich habe Eurem Wunsch entsprochen und nur wenige Details über Tarodastrus und Resogurion preisgegeben.

Die Hausmagd neigte langsam den Kopf, Dankbarkeit in ihrem Blick.

Doch erlaubt mir eine Frage, die mich seit meinem Aufenthalt in Vanavistaria nicht loslässt, fuhr Mojalian fort.

Nanistra nickte stumm, ein lautloses Einverständnis.

Warum weiß Lililja nichts davon, dass sie die Hüterin des Lichts ist?

Ein Hauch von Verwirrung glitt über Nanistras Gesicht. Ist sie das?

Nun war es Mojalian, der sichtbar irritiert war. Es ist unverkennbar, sagte er mit einer Bestimmtheit, die keinen Zweifel zuließ.

Nanistra seufzte leise, als ob eine ferne Erinnerung an die Oberfläche ihres Geistes gespült würde.

Nun, wenn Ihr das sagt, antwortete sie nachdenklich. Dann fügte sie hinzu: Tarodastrus hat jeden Hinweis auf den Hüter des Lichts aus unseren Geschichtsaufzeichnungen entfernt. Er hat sein Leben lang unter den Erwartungen gelitten, die mit diesem Amt verbunden sind. Die Last war schwer, Mojalian, schwerer, als Ihr es Euch vorstellen könnt. Als das Portal beschädigt wurde und keine Prophezeiungen mehr nach Vanavistaria gelangen konnten, sah er darin die Gelegenheit, seinen Nachfolgern dieses Leid zu ersparen. Seine Überzeugung war, dass der Hüter, sollte seine Rolle jemals erforderlich werden, dies von selbst erkennen würde.



Nanistra erklärte, dass Tarodastrus sein Leben lang unter der Bürde gelitten hatte, der Hüter des Lichtes zu sein.

Mojalian nickte langsam, das Gewicht dieser Erklärung in seinen Gedanken bewegend. Ich danke Euch, Nanistra, für Eure Aufrichtigkeit, sagte er schließlich und verabschiedete sich.

Er kehrte zu seinen Gefährten zurück, die sich vor Rafyndors Hütte versammelt hatten. Große Worte waren nicht mehr nötig; alles Wesentliche war längst gesagt. Mojalian nahm jeden einzelnen in seine mächtigen Flügel, und jedem sprach er ein leises Lebewohl zu.

Als er schließlich Lililja umfing, hielt er inne und übermittelte Gedanken, die nur für sie bestimmt waren: Auf dir ruht eine große Verantwortung, Lililja. Hüte dich selbst − und alle, die dir lieb sind.

Bevor sie ihre Verwirrung in Worte fassen konnte, hatte Mojalian sich bereits abgewandt. Er schloss seinen Geist für die Zauberwesen Vanavistarias, selbst für jene, die ihm am nächsten standen. In entschlossener Stille wandte er sich dem Portal zu. Ohne zu zögern trat er hindurch und kehrte zurück nach Valivisia.



Mojalian verarbschiedete sich von seinen
Freunden, die sich an Rafyndors Hütte
versammelt hatten, und kehrte nach
Valivisia zurück.

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