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Mojalian konnte kaum glauben, was er hörte. Skukius hatte das Portal tatsächlich gefunden? Die Nachricht ergriff ihn so plötzlich, dass er sie beinahe für einen Traum gehalten hätte. Doch es war Wirklichkeit. Sein Aufenthalt in Vanavistaria, dieser fremden, faszinierenden Welt, näherte sich dem Ende. Bald würde er heimkehren, zurück nach Valivisia!
Sogleich öffnete er seinen Geist, um diese Neuigkeit mit seinen drei Gefährten zu teilen. Skukius hat das Portal entdeckt! Doch bitte − verratet niemandem etwas davon!
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Als Rafyndor von Mojalian die Nachricht über den Fund des Portals hörte, versorgte er gerade einen Rasada-Ahorn, der von einem Pilz befallen war.
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Die Nachricht erreichte Rafyndor inmitten seiner Arbeit. Er saß auf einem kräftigen Ast eines Rasada-Ahorns, der von einem zähen Pilz befallen worden war. Sorgfältig behandelte er den Baum mit einer Mischung aus Magie und einem kleinen Stück Paventa-Birke, als Mojalians Worte in seine Gedanken drangen.
Rafyndor hielt inne. Die Erkenntnis traf ihn wie ein kalter Windstoß: Mojalian würde sie verlassen. Der Freund, mit dem er so oft über Lililja gesprochen hatte, der ihm geduldig zugehört hatte, wenn er sich in Gedanken verlor − dieser Freund würde gehen. Und damit würde auch ihre Verbindung enden. Plötzlich fühlte Rafyndor sich allein, wie ein Baum, dem ein tragender Ast genommen wurde.
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Er kämpfte mit sich. Natürlich wollte er sich für Mojalian freuen, dessen Rückkehr in die Heimat ein sehnlichster Wunsch war. Doch die Vorstellung, ihn zu verlieren, lastete schwer auf ihm. Rafyndor schalt sich selbst. Wie egoistisch von mir! Doch die Freude wollte sich nicht einstellen.
Mojalian, ich freue mich für dich, dachte er schließlich mit gezwungener Zuversicht.
Du bist nicht glücklich darüber, kam Mojalians Antwort, sanft, aber mit einem Anflug von Kummer.
Rafyndor seufzte leise. Nun ja, begann er, du warst immer da, wenn ich über Lililja sprechen wollte. Ich konnte dir alles erzählen. Das wird mir fehlen, Mojalian. Dann, mit einem Anflug von Humor, fügte er schnell hinzu: Aber natürlich freue ich mich trotzdem, dass du endlich nach Hause zurückkehren kannst. Valivisia ist sicher ein schönerer Ort für dich, als hier unter uns Materiellen zu verweilen. Ein schiefes Grinsen huschte über sein Gesicht.
Mojalian erwiderte sanft: Ich habe unsere Gespräche ebenfalls sehr geschätzt, Rafyndor. Du warst mir ein wahrer Freund in dieser fremden Welt. Ich werde dich niemals vergessen.
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Unser Anfang war allerdings nicht ganz einfach, erinnerte sich Rafyndor, ein leises Lächeln auf den Lippen. Die Erinnerung an seine anfängliche Angst und die Eifersucht, die er später empfunden hatte, ließ ihn fast schmunzeln.
Das stimmt, bestätigte Mojalian und lächelte zurück. Doch unsere Differenzen haben wir rasch überwunden. Und danach, so denke ich, lief es ziemlich gut zwischen uns.
Ohne Frage, stimmte Rafyndor zu. Weißt du schon, wann du aufbrechen wirst?
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Rafyndor erinnerte sich an den etwas holprigen Start zwischen ihm und Mojalian.
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Mojalian hielt kurz inne, bevor er antwortete. Das hängt von Skukius ab. Er muss zurückkehren und mir den Ort des Portals zeigen. Es könnte sein, dass es einer Reparatur bedarf − immerhin gibt es einen Grund, warum es nicht mehr funktioniert. Aber sobald alles geklärt ist, werde ich mich auf den Weg machen. Ehrlich gesagt, Rafyndor, ich sehne mich sehr nach Valivisia. Je früher ich gehen kann, desto besser.
Ein Gedanke kam Rafyndor in den Sinn, der ihn mit Hoffnung erfüllte. Kann das Portal denn in beide Richtungen funktionieren? Könntest du nach einer Reparatur zurück nach Vanavistaria kommen? Seine Stimme verriet, wie sehr er auf eine positive Antwort hoffte.
Ich weiß es nicht, gab Mojalian bedauernd zu. Es hängt ganz davon ab, wie schwer die Schäden sind. Ich werde erst vor Ort beurteilen können, ob eine beidseitige Nutzung überhaupt möglich ist.
Rafyndor atmete tief durch und nickte schließlich. Gut, sagte er leise, lass es uns wissen, wenn der Moment gekommen ist. Ich glaube, wir alle möchten uns gebührend von dir verabschieden.
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Pranicara behandelte gerade ein Blauschnäuzchen, als sie von Mojalian benachrichtigt wurde, dass das Portal gefunden worden war.
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Auch Pranicara war in ihre Arbeit vertieft, als Mojalians Mitteilung sie erreichte. Behutsam massierte sie gerade den Bauch eines kleinen Blauschnäuzchens − eines flauschigen, vierbeinigen Waldbewohners mit einer charakteristisch bläulichen Schnauze. Das Tier hatte, wie so oft, etwas gefressen, das ihm offenbar nicht bekommen war.
Die Blauschnäuzchen galten als äußerst niedlich und liebenswert, doch die Jahrhunderte ihrer Existenz hatten sie nicht weiser gemacht. Sie blieben unfähig, zwischen nahrhaften und schädlichen Speisen zu unterscheiden. Aus diesem Grund lebten sie seit jeher in einem sorgfältig umzäunten Areal, das ausschließlich verträgliches Futter für sie bereithielt.
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Doch das Tier, das Pranicara jetzt vor sich hatte, war ausgebrochen und hatte sich, kaum in Freiheit, über unzuträgliche Kost hergemacht.
„Ich wage zwar zu bezweifeln, dass du daraus eine Lektion ziehst“, sprach sie sanft zu ihrem pelzigen Patienten, „doch vielleicht bist du jetzt wenigstens bereit, innerhalb der Umzäunung zu bleiben.“
Als Mojalians Worte in ihre Gedanken drangen, hielt sie inne. Die Nachricht, dass er die Rückkehr nach Hause vor sich hatte, erfüllte sie mit ehrlicher Freude. Natürlich würde sie ihn vermissen − seine Weisheit, die tiefgründigen Gespräche, die sie miteinander geführt hatten, und vor allem seine außergewöhnlichen Ansichten zur Heilung seelischer Wunden. Doch sie konnte seinen Wunsch, nach Valivisia zurückzukehren, vollkommen nachvollziehen. Das Heimweh, das ihn drängte, wieder unter seinesgleichen zu leben, berührte sie tief.
Auch Pranicara erkundigte sich, ob Mojalian nach seiner Rückkehr vielleicht noch einmal Vanavistaria besuchen könnte. Seine Antwort klang jedoch genauso vorsichtig wie jene, die er Rafyndor gegeben hatte: Das hängt davon ab, welchen Zustand das Portal tatsächlich aufweist. Erst nach einer eingehenden Untersuchung kann ich sagen, ob eine Wiederkehr möglich ist.
Mit einem warmen Lächeln dachte Pranicara: Ich freue mich sehr für dich, Mojalian, dass dein Wunsch, nach Hause zu gehen, nun in greifbare Nähe rückt.
Falls es mir nicht vergönnt sein sollte, zurückzukehren, erwiderte Mojalian in Gedanken, werde ich die Erinnerungen an unsere Gespräche bewahren. Du hast mir so vieles über eure Seelenheilkunde beigebracht, Pranicara. Ich bin sicher, dass ich einige dieser Einsichten auch auf Valivisia anwenden kann.
Oh, das ist eine große Ehre für mich, dachte Pranicara, erfreut über das Lob. Doch das Lernen war nicht einseitig. Auch ich habe so viele faszinierende Einsichten von dir gewonnen. Unsere Gespräche werden mir stets in Erinnerung bleiben.
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Lililja verweilte in der Nähe des Blütenportals, wo sie den Nachmittag gewöhnlich verbrachte, stets bereit, Wesen zu empfangen, die ihren Rat suchten. Gerade als sie die Harmonie der blühenden Pflanzen betrachtete, drang Mojalians Gedanke zu ihr durch. Ihr erster Impuls war von Freude erfüllt: Wie wundervoll für dich!
Doch sogleich schlich sich ein leiser Anflug von Wehmut in ihre Gedanken. Die Gespräche mit dir werden mir fehlen, Mojalian, fügte sie hinzu. Du hast mir eine ganz neue Perspektive auf die Natur unserer Welt geschenkt. Allerdings hattest du in einem unserer Gespräche bereits angedeutet, dass du dir nicht sicher bist, ob du, einmal fortgereist, überhaupt zurückkehren könntest.
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Lililja hielt sich am Blütenportal auf, als sie von Mojalian die Nachrich über den Fund des Portals bekam.
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Mojalian seufzte und hob mit einem Anflug von Bedauern die Schultern. Ja, das bleibt ungewiss. Zunächst muss ich den Grund ergründen, weshalb das Portal nicht mehr funktioniert. Doch glaube mir, auch ich werde die Gespräche mit dir sehr vermissen. Es war unglaublich bereichernd, eure Sichtweisen kennenzulernen. Ich denke, der Weisenmeister auf Valivisia wird staunen, wie viel es von Vanavistaria zu berichten gibt. Ein sanftes Lächeln huschte über sein Gesicht.
Lililja, erheitert von seinen Worten, erwiderte: Vergiss nicht, ihm auch zu erzählen, dass Vögel denken können. Sie lachte leise, und ihr Lachen klang wie das Plätschern eines klaren Baches.
Mojalian lachte mit, seine Stimme leicht und beschwingt. Ja, da hast du recht. Es wird wohl an der Zeit sein, den Geisterwesen auf Valivisia zu erklären, dass nicht nur jene Wesen denken können, die über Magie verfügen. Vielleicht hilft es, uns alle ein wenig weniger wichtig zu nehmen.
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Lililja erinnerte sich an Mojalians vergebliche Versuche, die Magie des Baumes zu spüren.
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Nach einer kurzen Pause, die von den sanften Klängen des Waldes gefüllt war, sprach Lililja mit einem Hauch von Melancholie: Ich muss ehrlich gestehen, Mojalian, dass ich unsere gemeinsamen Morgengänge sehr genossen habe. Es wird sich einsam anfühlen, wieder allein unterwegs zu sein. Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie an jenen Tag zurückdachte, an dem Mojalian die Magie des Baums der Magie erspüren wollte.
Auch mir werden diese Spaziergänge fehlen, gestand Mojalian. In Gedanken sah er die goldenen Strahlen der Morgensonne, wie sie Lililja in ihrer wahren Gestalt als Hüterin des Lichts erstrahlen ließen.
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Schließlich sprach er, begleitet von einem leisen Seufzer: Ich werde dir Bescheid geben, wenn die Zeit meines Aufbruchs gekommen ist. Ihm war bewusst, dass der Abschied von Lililja, die ihn so tief beeindruckt hatte, ihm schwerer fiel als alles andere.
Mit gespielter Strenge entgegnete sie: Das erwarte ich aber auch! Dann lächelte sie wieder, und ihre Stimme nahm einen warmen Ton an. Im Ernst, Mojalian, es freut mich von Herzen, dass dein Wunsch, nach Hause zurückzukehren, in Erfüllung geht.
Auch der Hohenmagier, Meister Lehakonos, war mittlerweile von Mojalian über Skukius′ außergewöhnlichen Erfolg in Kenntnis gesetzt worden. Mojalian hatte dabei nur knapp erwähnt, dass das Portal gefunden worden sei. Als der alte Lehrmeister ihn nach dem Entdecker fragte, entgegnete Mojalian mit Bedacht: Bitte, stellt diese Frage nicht. Es ist besser, weder zu offenbaren, wo das Portal entdeckt wurde, noch wer es gefunden hat.
Meister Lehakonos, der sich an Mojalians anfängliche Zurückhaltung in früheren Gesprächen erinnerte, nickte nach kurzem Nachdenken und ließ das Thema ruhen. Schließlich rief er mit erleichterter Stimme aus: „Nun denn, es gibt also doch noch Hoffnung, den Auftrag des Schleiersturms zu erfüllen!“
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Ohne Verzögerung informierte der Hohe Magier die versammelten Schrift- und Geschichtsgelehrten über den Fund des Portals.
„Wer hat es entdeckt?“, erkundigte sich Jadoruc neugierig.
„Diese Information bleibt besser ungenannt“, entgegnete Meister Lehakonos mit unmissverständlichem Ernst.
„Und wo genau befindet sich das Portal?“, wagte eine andere Gelehrte zu fragen.
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Die Schriftgelehrten wollten wissen wo und von wem das Portal gefunden worden war.
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„Auch der Ort ist ein Geheimnis, das unter dem Schutz des Schweigens stehen muss“, antwortete der Hohenmagier bestimmt.
Die Gelehrten tauschten verwunderte Blicke, doch bald überwog ihre Freude über die Aussicht, dass die Lösung der Aufgabe in greifbare Nähe gerückt war. Nur Jadoruc runzelte nachdenklich die Stirn. Es wurmte ihn, dass ihrer Arbeit der Lohn detaillierter Erkenntnisse verwehrt blieb. Schließlich rang er sich jedoch zu der Einsicht durch: Vielleicht ist es tatsächlich weise, dass solch sensible Informationen nicht für alle zugänglich gemacht werden.
Mit diesem Gedanken stimmte er schließlich in den Jubel der anderen Gelehrten ein.
Am folgenden Tag ließ sich Skukius auf einem Ast nieder, unter dem Rafyndor gerade eine Rast einlegte und genüsslich ein paar Akharota-Nüsse knabberte.
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Rafyndor freute sich, dass Skukius wieder da war.
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„Skukius!“, rief Rafyndor freudig aus und sprang auf, um dem Korvum-Raben seinen Unterarm als Sitzplatz anzubieten. „Als Mojalian uns erzählte, dass du einen Zauber wirken wolltest, der dich womöglich hätte erblinden lassen, waren wir alle voller Sorge um dich“, gestand er aufgeregt.
„Ich hatte es mit dem Zentrum eines magischen Feldes zu tun, das alles daransetzte, unentdeckt zu bleiben“, erklärte Skukius mit einer Stimme, die von der Erinnerung an die Herausforderung erfüllt war.
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„So etwas gibt es wirklich?“, fragte Rafyndor mit ungläubigem Staunen, seine Augen vor Überraschung geweitet.
„Oh, durchaus“, bestätigte der Rabe. „Doch das musste ich erst vor Ort erkennen. Es war eine Erleichterung, dass ich wenigstens Mojalian erreichen konnte, um euch Nachricht zukommen zu lassen.“
„Ja“, erinnerte sich Rafyndor, „Mojalian sagte, du könntest nur dann mit ihm kommunizieren, wenn dich die Magie durchströmte. Wie hast du das angestellt?“
Skukius beschrieb, wie er seine Essenz in eine einzelne Feder verlagert hatte, um die Verbindung herzustellen. „Doch das war ein Kraftakt“, fügte er hinzu. „Könntest du nun vielleicht den Übersetzer zwischen Mojalian und mir spielen?“
„Natürlich, sehr gerne“, erwiderte Rafyndor ohne zu zögern und richtete gedanklich das laut gesprochene Wort an Mojalian: „Mojalian?“
Ja, Rafyndor?, kam prompt die Antwort.
„Skukius ist bei mir“, erklärte Rafyndor.
Ich komme sofort, entgegnete Mojalian, ungewöhnlich hastig. Rafyndor hatte das Geisterwesen noch nie so aufgeregt erlebt.
Kurz darauf erschien Mojalian und schenkte Skukius ein breites, dankbares Lächeln. Seine Worte, die Rafyndor übersetzte, waren von tiefster Wertschätzung erfüllt: Du hast deine Gesundheit aufs Spiel gesetzt, um mir den Weg nach Hause zu ermöglichen. Du weißt gar nicht, wie sehr ich dir dafür dankbar bin.
„Ach, das war reiner Eigennutz“, erwiderte Skukius schelmisch, und Rafyndor gab die Worte weiter. Mojalian schaute verwundert.
Eigennutz? Was meinst du damit?, ließ er Rafyndor fragen.
Mit einem spitzbübischen Zwinkern antwortete Skukius: „Na, so habe ich Rafyndor wenigstens wieder für mich allein. Er hat ja nur noch Zeit mit dir verbracht und war ständig in Gedanken versunken, wenn ich ihn aufgesucht habe.“
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Mojalian bedankte sich mit Rafyndors Hilfe bei Skukius für sein Engagement.
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