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Epilog

Meister Lehakonos nahm seine angestammte Rolle als Herrscher des Landes wieder ein, da die Hüterin des Lichts nicht länger benötigt wurde. Nanistra, die sich erneut in den bescheidenen Dienst einer Hausmagd begeben hatte, tat dies nun ohne ihr einstiges Schlurfen und mürrisches Gehabe. Oft verbrachte sie die Nachmittage bei einer Tasse Tee in der Gesellschaft des Hohenmagiers, mit dem sie sich angeregt über die historischen Entwicklungen zu Zeiten Tarodastrus′ und Resogurions austauschte.



Skukius hatte inzwischen endgültig sein Zuhause in der Hütte Rafyndors gefunden. Nachts, wenn die Schatten seiner Albträume ihn heimsuchten und er im Schlaf aufschrie, spürte er die sanfte Berührung von Rafyndors Hand auf seinem Rücken, die ihn beruhigte. Doch mit der Zeit wurden die Träume seltener. Inzwischen gab es Nächte, in denen die Schreie ausblieben und er in friedlichem Schlummer ruhte.

Demojon und Pranicara blieben unzertrennlich − sehr zum Missfallen seiner Eltern. Je tiefer ihre Verbindung wurde, desto mehr schwand jene Unsicherheit, die ihn so lange begleitet hatte. Pranicara bestärkte ihn mit jedem Blick, mit jedem Wort, mit der stillen Selbstverständlichkeit ihrer Zuneigung, bis er sich eines Tages wagte, die Frage auszusprechen, die längst in seinem Herzen gereift war: ob sie mit ihm den ewigen Bund des Lebens eingehen wolle.



Und als sie mit einem leisen, aber festen „Ja!“ antwortete, war für seine Familie die letzte Grenze überschritten. In ihren Augen war diese Verbindung eine nicht zu tilgende Schande − und so brachen sie den Kontakt endgültig ab.

Gleichzeitig trieb eine Frage Demojon um: Warum hatte Skukius Lililja auf ihrem Weg zum Schattensmaragd nicht orten können? Er wusste, dass Mojalian den verborgenen Ort erst erkannt hatte, als ihm bewusst wurde, dass er und Lililja selbst Teil der Prophezeiung waren.



Seine Nachforschungen in den alten Schriftrollen der Bibliothek führten ihn schließlich zur Antwort: Es existierten zwei Arten von Prophezeiungen. Die einen waren reine Weissagungen, die nur ferne Zukünfte voraussagten. Doch die anderen trugen eine eigene, verborgene Magie in sich, die erst in dem Moment entfesselt wurde, in dem jene, für die sie bestimmt war, ihre Bedeutung erkannten. So hatte die Magie der Prophezeiung Lililja vor Skukius’ Blicken verborgen − und zugleich Mojalian den Ort des Schattensmaragds offenbart.

Auch Jadoruc hatte eine erstaunliche Wandlung durchlaufen.

Er hatte herausgefunden, wo Saravabha lebte − und dass sie allein war. Eines Tages fasste er sich ein Herz, bewaffnete sich mit einem prächtigen Blumenstrauß und trat an ihre Tür. Als sie öffnete und ihn erkannte, glitt ein warmes Lächeln über ihr inzwischen von feinen Runzeln durchzogenes Goblingesicht.





Er lud sie zu einem Spaziergang ein, und als sie die Einladung annahm, bot er ihr galant seinen Arm. Seite an Seite schlenderten sie über die Wege Vanavistarias. Die finsteren Blicke der anderen Vykati bedeuteten ihm nichts mehr. Jedes Mal, wenn ein besonders schneidender Blick ihn traf, erinnerte er sich an das Bild von Demojon und Pranicara vor dem Kampf gegen Ravgor − und an den nagenden Neid, den er damals empfunden hatte.

Schließlich hatte Jadoruc Saravabha seine Liebe gestanden − eine Liebe, die nie wirklich erloschen war. Ihretwegen hatte er sich all die Jahre von anderen Lebewesen abgeschottet, niemanden in sein Herz gelassen. Denn dieses war nie leer gewesen − es war immer schon von ihr erfüllt.

Zu seinem unermesslichen Glück hatte auch Saravabha ihn in ihrem Herzen bewahrt. Nie wieder würde er einsam auf einem Felsen hocken, sollte jemals erneut eine dunkle Zeit über das Land hereinbrechen. Nun war auch er nicht mehr allein – er hatte ein Wesen an seiner Seite, das ihn glücklich machte.

Und nicht nur sein Herz, auch sein Verhalten hatte sich verändert. Sein Blick auf Arokando war nicht mehr von überheblichem Spott geprägt. Während des ersten Kampfes gegen Hadadust war ihm die Tragweite von Arokandos Erkenntnis über die Blauschnäuzchen bewusst geworden − und so begegnete er dem jungen Goblin nun mit wohlwollender Anerkennung.





Lililja hatte ihre Pflichten als Hüterin der Natur und der Magie wieder aufgenommen, und oft war es Mojalian, der sie dabei begleitete − still, wachsam, mit jenem leisen Vergnügen, das ihn stets erfüllte, wenn er ihr Wirken beobachtete. Besonders gern sah er ihr zu, wenn sie am frühen Morgen den Sonnenaufgang zelebrierte oder zur Mittagsstunde die Seele der Sonne betrat.

Es war nun seine Gewohnheit geworden, sie jeden Morgen mit einem zarten Kuss zu wecken und sie anschließend zum Ort des heiligen Sonnenaufgangsrituals zu begleiten. Einst hatte sie zur Mittagsstunde noch die Augen geschlossen, um der blendenden Kraft der Sonne zu entgehen – nun aber empfing sie ihr Licht mit offenem Blick, erfüllt von stiller Dankbarkeit und innigem Einklang mit den Kräften der Natur.





Die einstige Distanz zwischen Mojalian und Rafyndor begann sich zu verringern, seit Mojalian offen eingestanden hatte, dass er stets gewusst hatte, welchen Platz Rafyndor in Lililjas Herzen einnahm. Die Gespräche zwischen ihnen wurden wieder häufiger, auch wenn Rafyndor es vorzog, das Thema Lililja zu meiden. Doch es fanden sich genügend andere Gedanken, die sie teilten, und die Bande zwischen ihnen begannen sich erneut zu festigen.

Unter den Bewohnern Vanavistarias verbreitete sich rasch die Nachricht von Mojalians Rückkehr, und bald waren es wieder zahlreiche Wesen, die sich mit ihren Sorgen und Fragen an ihn wandten. Sein Rat, der vielen im vergangenen Jahr gefehlt hatte, wurde nun wieder gesucht und geschätzt. Die lange Schlangen vor den Häusern der Seelenheiler lösten sich auf, kehrten zu ihrem gewohnten Maß zurück, und so konnte sich Pranicara wieder den Tieren widmen, die sie aufsuchten oder zu ihr gebracht wurden.



Dennoch kam es weiterhin zu jenen unerklärlichen Störphasen, in denen Mojalians Präsenz abrupt und ohne Vorwarnung verblasste − Momente, in denen der Kontakt zu ihm für unterschiedlich lange Zeiträume vollständig abriss.



Jeden Abend aber musste Mojalian Lililja für eine Weile Rafyndor überlassen. Die beiden hatten ihre vertrauten Spaziergänge in der Dämmerung wieder aufgenommen, und Mojalian wusste nur zu gut, wie sehr Lililja diese Zeit brauchte. In ihrer Seele hatte er die unerschütterlichen Netze gesehen − eines für Rafyndor, eines für ihn selbst. Sie existierten Seite an Seite, untrennbar, unverwüstlich. Zwei Wesen, die für Lililja von unermesslicher Bedeutung waren: Rafyndor, ihr geliebter Bruder; Mojalian, ihr geliebter Gefährte.

Für Rafyndor war diese gemeinsame Zeit nicht weniger wertvoll. Er wusste, dass Lililja ihn liebte und dass sie um die Tiefe seiner eigenen Gefühle für sie wusste. Eng umschlungen gingen sie durch die abendlichen Straßen der Hauptstadt, und während sie so nebeneinander wandelten, teilte er mit ihr all jene Gedanken, die ihn bewegten, sprach aus, was sein Herz belastete.



Und obgleich er sich mit der Verbindung zwischen Mojalian und Lililja abgefunden hatte − Demojon hatte ihm die Magie der Vorsehung erklärt − so wusste er dennoch eines mit absoluter Gewissheit: In jenen stillen Stunden der Dämmerung, während ihrer gemeinsamen Spaziergänge, gehörte sie ganz und gar ihm.



Während der Abendspaziergänge gehörte
Lililja ganz und gar Rafyndor.






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