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Der Fund

Skukius durchflog seit Tagen das weite Land, getrieben von der Aufgabe, die der Hohenmagier ihm und den anderen Zauberwesen anvertraut hatte: die Suche nach magischen Feldern. Der alte Lehrmeister hatte sie angewiesen, mit wachsamen Sinnen nach ungewöhnlichen Signaturen Ausschau zu halten. Für Skukius war dies nicht nur eine Pflicht, sondern eine Herausforderung, die ihn begeisterte − seit jener Zeit, als er, noch ein junger Beobachter auf den Ästen eines alten Baumes, Meister Lehakonos’ Unterricht heimlich belauscht hatte.

Seine Leidenschaft für magische Felder hatte wohl damals ihren Ursprung gefunden, als er das erste Mal ein Visoskop benutzen durfte − jenes rätselhafte Instrument, das die verborgenen Energien sichtbar machte. Skukius erinnerte sich, wie es ihn vom ersten Augenblick an in seinen Bann gezogen hatte.

Eines Tages, überwältigt von seiner Faszination, hatte er Meister Lehakonos gefragt, wo er ein solches Gerät erwerben könnte. Der alte Lehrmeister hatte ihn daraufhin gemustert und mit einem nachsichtigen Lächeln entgegnet: „Warum willst du ein Visoskop besitzen?“

„Weil es spannend ist, magische Felder aufzuspüren. Und dafür brauche ich es!“, hatte Skukius geantwortet.

Doch Meister Lehakonos hatte lediglich den Kopf geschüttelt. „Das Visoskop dient nur dazu, unerfahrenen Schülern die Felder sichtbar zu machen. Ihr werdet im Laufe eurer Ausbildung lernen, sie ohne Hilfsmittel zu erspüren.“

Und tatsächlich: Bald darauf hatte Skukius das Gespür für magische Felder zu einer Kunst verfeinert, die seinesgleichen suchte. Selbst die schwächsten energetischen Spuren entgingen ihm nicht, und mit einer seltenen Intuition fand er stets deren Zentren.



Skukius hatte sich schon sehr früh für magische Felder interessiert und war begeistert vom Visoskop.

Als Meister Lehakonos schließlich verkündete, dass Zauberwesen gesucht wurden, die bereit wären, das ganze Land nach den rätselhaften Signaturen abzusuchen, hatte Skukius keinen Moment gezögert. Er war sogleich aufgebrochen, die Flügel weit ausgebreitet, die Augen geschärft. Doch trotz aller Mühen hatten sich seine Hoffnungen bislang stets als trügerisch erwiesen.



Skukius flog über das Land und suchte nach ungewöhnlichen magischen Signaturen.

Immer wieder stieß er auf magische Felder, die bei näherer Betrachtung nichts Außergewöhnliches bargen. Dennoch untersuchte er jedes einzelne gewissenhaft − in der leisen Hoffnung, eine fremdartige Signatur könnte verborgen unter der offensichtlichen liegen.

An diesem Tag jedoch schien etwas anders zu sein. Während er ein bislang unerforschtes Waldstück überflog, bemerkte er eine neue magische Präsenz. Etwas in ihr war anders, und sein Herz schlug schneller. Ohne zu zögern, ließ er sich durch das dichte Blätterdach gleiten und landete lautlos auf einem Moosteppich, der den Waldboden wie ein samtener Mantel überzog.

Dieser Teil des Waldes war urwüchsig und von einer eigenartigen Stille erfüllt, als hätte kein Wesen ihn seit einer Ewigkeit betreten. Eine dichte Decke aus Blättern schluckte das Licht der Außenwelt, und Skukius konnte nicht verhindern, dass sich seine Federn unwillkürlich aufplusterten. Etwas an diesem Ort war unheimlich − eine unsichtbare Spannung lag in der Luft. Doch er widerstand dem Drang, umzukehren. Seine Aufgabe war klar, und er würde sie erfüllen.

Behutsam trippelte er über den weichen, federnden Moosboden, seine Sinne angespannt, den Blick wachsam. Er versuchte, das Zentrum des magischen Feldes zu lokalisieren, doch so sehr er sich auch konzentrierte, es entzog sich seiner Wahrnehmung. Immer wieder hielt er inne, lauschte in den Boden unter seinen Füßen, doch die Antworten blieben ihm verborgen.

Warum ist es so schwer?, fragte er sich unruhig. Normalerweise ließen sich die Zentren magischer Felder leicht finden − sie strahlten förmlich eine energetische Gewissheit aus. Doch hier, so schien es, war alles anders. Vielleicht, so überlegte er, lag es an der dicken Moosschicht, die den Boden wie ein unsichtbarer Schleier bedeckte und die Signaturen abschirmte.

Trotz aller Unsicherheit trippelte und hüpfte Skukius weiter, getrieben von der leisen Hoffnung, etwas Außergewöhnliches entdeckt zu haben. Doch das Zentrum blieb ihm verborgen, und mit jeder verstrichenen Minute wuchs seine Nervosität. Noch nie hatte er versagt, ein magisches Zentrum zu finden.



Skukius versuchte das Zentrum des magischen Feldes zu finden, doch es gelang ihm nicht.

Vielleicht, dachte er plötzlich und spürte ein Prickeln der Aufregung in seinen Flügeln, vielleicht ist dies das Feld, das wir suchen − das Feld mit der fremdartigen Signatur!

Der Gedanke erfüllte ihn mit einem elektrisierenden Ehrgeiz. Doch bevor er Gewissheit erlangen konnte, musste er das Zentrum finden. Und so setzte er seine Suche fort, Schritt für Schritt, jeder seiner Bewegungen von einem unerschütterlichen Willen durchdrungen.

Skukius versuchte, die Erinnerungen an die Unterweisungen von Meister Lehakonos wachzurufen. In einer längst vergangenen Unterrichtsstunde hatte der weise Lehrmeister von alten Legenden gesprochen, die sich um magische Felder rankten. Eine dieser Erzählungen kam ihm nun in den Sinn, wenn auch nur vage − eine Geschichte über ein Feld, dessen Zentrum sich beharrlich dem Entdecker entzog. Damals hatte er diese Formulierung als merkwürdig empfunden, ja fast schon als poetisch überzogen.

Doch wenn diese Legende nicht bloß eine Fabel war, sondern auf die Existenz einer äußerst seltenen Erscheinung hinwies, dann könnte es sein, dass er hier und jetzt einem solchen Phänomen gegenüberstand. Der Gedanke ließ sein Herz schneller schlagen.

Er flatterte auf den Ast eines knorrigen Baumes, um in Ruhe nachzudenken, und suchte angestrengt in seinem Gedächtnis nach den Worten Meister Lehakonos’.



Skukius fiel die Legende von den magischen Feldern ein, deren Zentrum nicht gefunden werden wollte.

Hatte der alte Meister nicht von einer Zauberformel gesprochen, die in solchen Situationen hilfreich sein sollte? Eine Formel, die das verborgene Zentrum sichtbar machen konnte? Doch Skukius erinnerte sich auch daran, dass es einen Haken gab. Er durchforstete seine Gedanken fieberhaft, das Gefühl der Dringlichkeit lastete schwer auf ihm.

Dann kehrte die Erinnerung mit schmerzhafter Klarheit zurück. Ja, die Legende erwähnte eine Zauberformel, die ausschließlich bei diesen eigentümlichen Feldern wirkte − bei jenen, deren Zentren sich willentlich entzogen.

Doch sie warnte auch: Wer lediglich an seiner eigenen Unfähigkeit scheitere, ein Zentrum zu finden, der würde durch den Einsatz der Formel mit noch größerer Blindheit geschlagen.

Ein leises Stöhnen entwich ihm, ein Ausdruck von Besorgnis. Was, wenn er hier tatsächlich ein solches Feld entdeckt hatte? In diesem Fall musste er die Formel nutzen, um Gewissheit zu erlangen. Aber was, wenn er irrte? Wenn dieses Feld ganz gewöhnlich war und sein Scheitern allein auf seiner Unachtsamkeit beruhte? Würde er dann das Risiko eingehen, für immer blind zu sein?

Hin- und hergerissen zwischen Mut und Furcht hüpfte Skukius vom Ast zurück auf den moosbedeckten Boden. Vielleicht, so dachte er, könnte er die dichte Schicht Moos entfernen und so die Barriere durchbrechen, die ihn vom Zentrum trennte. Doch seine Krallen rutschten auf dem feuchten, dicken Teppich ab − der Boden blieb unverändert, unnachgiebig.

Unermüdlich setzte er seine Suche fort, flatterte über das Feld, lauschte auf die Energie in der Luft und versuchte erneut, die verborgene Signatur aufzuspüren. Doch alles blieb wie zuvor: Das Zentrum entzog sich ihm.

Ein Zittern durchlief ihn. Es gab keinen anderen Weg. Wenn er die Wahrheit wissen wollte, musste er die Zauberformel aussprechen. Doch die Vorstellung, möglicherweise erblindet zu enden und nie wieder zu seinen Freunden zurückkehren zu können, ließ ihn vor Angst erstarren. Was sollte er tun?

Seine Nervosität wuchs, und er spürte, wie sich seine Federkrone aufrichtete und ein sanftes magisches Licht auszusenden begann. Auch das noch!, dachte er verzweifelt. Das unkontrollierte Leuchten würde ihn noch mehr entblößen − als wäre die Situation nicht ohnehin schon bedrohlich genug.

Er sehnte sich nach Unterstützung, nach dem Trost einer vertrauten Stimme. Doch die Kommunikation mit dem Geisterwesen blieb ihm verwehrt, und diese Ohnmacht ließ ihn fast verzweifeln. Warum, warum nur bin ich so allein in diesem Augenblick?



Skukius suchte nach dem Zentrum des magischen Feldes und wurde so nervös, dass seine Federkrone zu leuchten begann.

Da, plötzlich − ein Flüstern, sanft und ungläubig, hallte in seinen Gedanken wider. Eine Stimme, die er nicht kannte, sprach seinen Namen, als wäre es das selbstverständlichste der Welt: Skukius?

Skukius war so überrascht, dass das Leuchten seiner Federkrone augenblicklich erlosch. „Mojalian?“, rief er zögernd in die Stille seiner Gedanken. Doch keine Antwort folgte.

War es bloß ein Wunschbild gewesen? Enttäuscht kehrte er auf den Ast zurück, der ihm als Ruheplatz diente. Der Gedanke, seine Freunde in diesem Moment tatsächlich erreicht zu haben, schien ihm zu schön, um wahr zu sein.

Erneut überfiel ihn die Unruhe, die ihn schon seit Stunden begleitete. Unsicher, was er tun sollte, wurde seine Nervosität zu einer stetigen Flut, die seinen Entschluss lähmte. Die Vorstellung, im Nirgendwo zu erblinden, nur weil ein widerspenstiges magisches Zentrum sich nicht aufspüren ließ, ließ sein Herz unregelmäßig schlagen. Mit wachsender Anspannung begann seine Federkrone abermals zu leuchten, wie ein stilles Echo seiner Emotionen.

Doch bevor er seine Gedanken ordnen konnte, vernahm er erneut diese Stimme in seinem Geist: Skukius? Abrupt erlosch das Strahlen seiner Federkrone.

„Mojalian?“, fragte er zögernd zurück, doch wieder blieb die erhoffte Antwort aus.



Immer, wenn die Federkrone aufhörte zu leuchten, verlor Skukius den Kontakt zu Mojalian.

Da dämmerte ihm ein Gedanke, der seine Aufmerksamkeit fesselte: Die Verbindung zu Mojalian musste durch die Magie entstehen, die in ihm selbst ruhte. Jedes Mal, wenn diese sich in ihm regte, flammte die Verbindung auf, doch erlosch sie wieder, sobald das magische Leuchten schwand.

Noch nie hatte Skukius versucht, seine Federkrone aus eigenem Antrieb zum Strahlen zu bringen. Für ihn war es stets ein unwillkürlicher Effekt seiner Magie gewesen. Aber was, wenn er diese Kraft kontrollieren könnte? Er schloss die Augen und bemühte sich, all seine Konzentration auf die Federkrone zu richten. Leuchte, Federkrone, leuchte!, dachte er mit aller Willenskraft. Doch nichts geschah.

Nachdenklich ließ er Meister Lehakonos’ Worte in seinem Inneren widerhallen: Seine Magie sei untrennbar mit seinen Gefühlen verknüpft. Bisher war sie immer dann erwacht, wenn ihn unbändige Freude durchflutete oder, wie eben erst, eine quälende Nervosität ihn in die Enge trieb. Doch wie konnte er seine Emotionen so entfachen, dass seine Federkrone ihr Strahlen zurückgewann?

Ratlosigkeit machte sich breit − bis ihm plötzlich in den Sinn kam, dass ihr Leuchten auch bei anderen Gelegenheiten entfacht worden war. Jedes Mal, wenn er sich in eine Aufgabe hineinfühlte, wie damals, als er Rafyndor beim Sichern des Waldes unterstützt hatte, war das Strahlen entfesselt worden. Vielleicht lag darin der Schlüssel!

Er schloss die Augen, atmete tief ein und versuchte, sich in eine seiner Federn hineinzuversetzen. Stück für Stück stellte er sich vor, selbst zu einer Feder zu werden – ein zarter Kiel, eine biegsame Fahne, ein winziger Widerhaken. Langsam schien er sich mit der Feder zu verschmelzen. Und da, zum dritten Mal, erklang die vertraute Stimme in seinem Geist: Skukius?

Mit großer Anstrengung gelang es ihm, die Verbindung zu halten. „Mojalian?“, antwortete er, bemüht, die Konzentration nicht zu verlieren.

Warum höre ich plötzlich deine Gedanken?, fragte Mojalian, deutlich verwundert.

„Weil Magie durch mich strömt“, erwiderte Skukius mit angespannter Stimme, während er mit aller Kraft versuchte, die Verbindung aufrechtzuerhalten. „Hör mir bitte zu, Mojalian, und unterbrich mich nicht! Ich bin tief im Wald und habe ein seltsames magisches Feld entdeckt, dessen Zentrum sich nicht finden lassen will. Ich werde jetzt eine Zauberformel anwenden, aber wenn ich mich irre, werde ich erblinden. Falls das geschieht, bitte ich dich und die anderen, mich zu suchen und nach Hause zu bringen.“

Die Anstrengung wurde zu groß, die Verbindung riss ab. Skukius hoffte inständig, dass seine Botschaft vollständig übermittelt worden war. Zumindest wussten seine Freunde nun, was ihm widerfahren war, sollte er nicht zurückkehren.



Skukius bat Mojalian, dass er und seine Freunde ihn suchen sollten, würde er beim Anwenden des Zauberwortes erblinden.

Mit einem entschlossenen Blick richtete er sich auf. Nun gut, du widerspenstiges Zentrum, dachte er, es ist an der Zeit.

Er blickte zum Boden hinab und sprach mit fester Stimme: „Batavo!“

Einen Moment lang hielt er den Atem an und wartete darauf, dass Dunkelheit seine Welt verschluckte. Doch das gefürchtete Schicksal blieb aus. Stattdessen schimmerte ein winziger heller Punkt durch die dicke Moosschicht hindurch. Ein Triumphgefühl durchströmte ihn.

„Hab ich dich!“, murmelte er grimmig und flatterte rasch zu der Stelle hinab.

Mit einer Mischung aus Freude und Erleichterung setzte er eine Kralle auf den schimmernden Punkt. Er spürte die magische Signatur und konzentrierte sich, um sie zu lesen. Sein Herz klopfte heftig, als ihm die Erkenntnis dämmerte: Es war eine fremde Signatur, eine, die nicht von dieser Welt stammte. Er hatte das Portal gefunden!

Vor lauter Freude begann seine Federkrone hell zu strahlen. Mojalians Stimme erklang erneut, diesmal erfüllt von Sorge: Skukius? Bist du blind?

„Nein!“, rief Skukius triumphierend. „Ich habe es gefunden, Mojalian! Du kannst nach Hause zurückkehren!“



Skukius hatte die fremde Signatur gefunden
und berichtete Mojalian von dem Fund.

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