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Wie Rafyndor vermutet hatte, hatte Lililja die Zauberweisen gegen Jaorucs Willen überzeugt, Arokando nicht vom Unterricht auszuschließen.
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Wie Rafyndor es bereits geahnt hatte, war es Lililja gelungen, ihre Haltung mit eindrucksvoller Entschlossenheit durchzusetzen. Nach der Anhörung des jungen Goblins hatte sie sich unerschütterlich für die Gewährung einer zweiten Chance eingesetzt. Mit feinem Gespür hatte sie die Regung seines Herzens erkannt: das tiefe Erschrecken über die eigene Verfehlung und die unübersehbare Aufrichtigkeit seines Bedauerns.
Jadoruc hingegen hatte − wie nicht anders zu erwarten − eine völlig entgegengesetzte Position vertreten. Für ihn stellte der junge Goblin eine unmittelbare Gefahr für die Gemeinschaft der Zauberwirker dar.
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„Wenn er bereits in so jungen Jahren den Schwur des Lichts mit solcher Missachtung bricht“, hatte Jadoruc in scharfen Worten argumentiert, „wie soll es dann erst sein, wenn er älter wird und über noch größere Macht verfügt?“
Die Diskussion entbrannte mit voller Intensität. Lililja hielt an ihrer Überzeugung fest, während Jadoruc seine Position mit ebenso leidenschaftlicher Vehemenz verteidigte. Die übrigen Ratsmitglieder schwankten, doch am Ende vermochte Lililjas unerschütterlicher Glaube an die Möglichkeit zur Reue und Wiedergutmachung den Rat zu überzeugen. Jadoruc wurde überstimmt.
Zuletzt gelang es sogar Meister Lehakonos, den widerwilligen Jadoruc zu bewegen, Arokando in seinem Unterricht zu behalten. Dieser stimmte dem jedoch nur unter strengen Bedingungen zu: „Ich tue dies allein unter der Voraussetzung“, erklärte Jadoruc mit scharfer Stimme, „dass dem jungen Goblin unmissverständlich klargemacht wird, dass er von nun an unter strengster Beobachtung steht. Sollte erneut der Einsatz dunkler Magie festgestellt werden, wird der Verdacht ohne Zögern zuerst auf ihn fallen!“
Die anderen Zauberweisen stimmten dieser Maßgabe zu. Damit war die Entscheidung gefallen: Arokando durfte bleiben, doch die Schatten seines Fehlers würden ihn fortan auf Schritt und Tritt begleiten.
Am folgenden Tag, kaum war der Unterricht beendet, eilte Arokando voller Vorfreude zur Hütte des Waldhüters. Das Angebot des Waldgeistes hatte ihn derart begeistert, dass er es kaum erwarten konnte, seine ersten Aufgaben im Wald zu übernehmen. Doch als er an die Tür klopfte, öffnete niemand, und seine Euphorie wich einer leichten Enttäuschung. Natürlich, dachte er, wie hätte der Waldhüter auch ahnen sollen, dass er gleich heute mit der Arbeit beginnen wollte? In seiner Aufregung hatte Arokando nicht bedacht, dass niemand ihn erwarten würde.
Während er noch unschlüssig vor der Hütte stand, tauchte plötzlich ein kleines Eulenbärchen auf. Das Geschöpf, ein drolliges Wesen mit flauschigem Gefieder, großen, abstehenden Ohren und neugierigen Augen, wirkte ebenso schelmisch wie bezaubernd.
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Wie alle Eulenbärchen war es wenig scheu und offenbar auf der Suche nach einer möglichen Leckerei. Arokando beugte sich hinunter und lockte das Tier sanft zu sich. „Na, wer bist du denn?“, fragte er leise, während das Eulenbärchen an seiner ausgestreckten Hand schnüffelte.
Doch das Interesse des kleinen Wesens schwand rasch, als es merkte, dass der junge Goblin nichts Fressbares dabeihatte. Es drehte sich um und hoppelte davon, ließ jedoch Arokandos Gedanken bei sich zurück. Beim nächsten Mal, schwor er sich, würde er vorbereitet sein. Er könnte den Waldhüter fragen, womit man Eulenbärchen am besten verwöhnen konnte.
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Während Arokando auf Rafyndor an seiner Hütte wartete, tauchte ein Eulenbärchen auf.
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Kaum hatte sich das Tier entfernt, tauchte es erneut auf, warf Arokando einen prüfenden Blick zu und verschwand wieder zwischen den Bäumen. Amüsiert beobachtete Arokando das seltsame Verhalten. Als das Eulenbärchen zum dritten Mal zurückkehrte und abermals davonsprang, beschloss er, ihm zu folgen. Er hatte ohnehin nichts Besseres zu tun, also konnte er dem Rätsel nachgehen.
Das Eulenbärchen führte ihn durch den stillen Wald, bis sie schließlich eine mächtige Akharota-Esche erreichten. Geschmeidig kletterte das kleine Wesen den Baumstamm hinauf. Als Arokando ihm mit den Augen folgte, entdeckte er hoch oben in den Zweigen den Waldhüter. Rafyndor saß dort und hantierte mit Rindenstücken, offenbar tief in seine Arbeit vertieft.
„Ah, Arokando! Du hast mich gefunden“, rief der Waldhüter von seinem luftigen Arbeitsplatz herunter. „Warte dort unten, ich bin gleich fertig. Falls du dir die Zeit vertreiben willst, kannst du das Eulenbärchen mit frisch geknackten Akharota-Nüssen füttern. Die sind ihre Leibspeise.“
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Das Eulenbärchen führte Arokando zu dem Baum, auf dem Rafyndor auf ihn gewartet hatte.
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Arokando nahm das Angebot sofort an. Er begann, die Nüsse aufzubrechen, und kaum hatte das Eulenbärchen dies bemerkt, kletterte es flink den Baum hinab. Es setzte sich auf seine Hinterläufe, den Kopf erwartungsvoll schiefgelegt, und sah ihn mit großen Augen an. Lachend warf Arokando dem Tier die geschälten Nüsse zu, die es geschickt mit dem Maul auffing.
Schließlich kletterte Rafyndor von der Esche herab, elegant wie ein Geschöpf des Waldes. Er betrachtete den jungen Goblin mit einem schmunzelnden Ausdruck. „Wie viele Versuche hat das Eulenbärchen gebraucht, bis du verstanden hast, dass es dich führen wollte?“, fragte er schließlich.
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Arokando sah ihn überrascht an, dann dämmerte es ihm. Das Ganze war eine Aufgabe gewesen, ein erster Test. „Drei Mal“, antwortete er ehrlich. „Habt Ihr mich erwartet, Waldhüter?“
„Ich hatte es geahnt“, erwiderte Rafyndor. „Es war offensichtlich, wie sehr dich mein Angebot gefreut hat. Es war nur eine Frage der Zeit, wann du auftauchen würdest. Also habe ich das Eulenbärchen gebeten, regelmäßig nach dir Ausschau zu halten und dich hierher zu bringen. So konnte ich meine Arbeit ungestört fortsetzen, während du deine erste Lektion erhalten hast: das Verhalten der Tiere zu deuten, ohne ihre Sprache zu sprechen.“
Ein breites Lächeln breitete sich auf Arokandos Gesicht aus. Er hatte es geschafft, die erste Prüfung bestanden − und er konnte es kaum erwarten, was noch vor ihm lag.
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„Wie kann ich Euch helfen, Waldhüter?“, fragte Arokando schließlich voller Eifer, begierig darauf, sich nützlich zu machen und Teil der Arbeit zu sein.
Der Waldhüter grinste. „Zunächst einmal musst du das ‚Ihr‘ und den ‚Waldhüter‘ weglassen“, erwiderte er schmunzelnd. „Mein Name ist Rafyndor. Im Wald, mit Schmutz an den Händen, wirkt eine so förmliche Ansprache doch reichlich fehl am Platz.“
Arokando nickte ehrfurchtsvoll. Nie hätte er es für möglich gehalten, den Obersten Waldhüter Vanavistarias eines Tages bei seinem Vornamen zu rufen − und das ausgerechnet schon am allerersten Tag!
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Rafyndor wollte nicht mit „Ihr“ und „Waldhüter“ angesprochen werden.
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„Dann könntest du mir bei der Kontrolle und Instandsetzung der Umhegung des Blauschnäuzchen-Areals helfen“, fuhr Rafyndor fort und kam direkt zur Sache. „Die kleinen Ausreißer entkommen in letzter Zeit zu oft aus ihrem Gehege, und kaum sind sie draußen, stürzen sie sich wie besessen auf Pflanzen, die ihnen überhaupt nicht bekommen. Warum sie das tun, bleibt ein Rätsel − und ihre Sprache ist so begrenzt, dass sie es mir nicht erklären können. Wobei ich ehrlich gesagt bezweifle, dass sie selbst den Grund kennen.“
Arokando fühlte sich geehrt, eine so bedeutungsvolle Aufgabe übernehmen zu dürfen. Zögernd, aber entschlossen, fasste er seinen Mut zusammen und fragte: „Waldhüter... ähm... Rafyndor, was genau meint Ihr... ähm... meinst du damit, wenn du sagst, ihre Sprache sei begrenzt?“
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Rafyndor erklärte, dass es ihm schwer fiel, mit den Blauschnäuzchen zu kommunizieren.
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„Nun“, begann Rafyndor erklärend, „mit den meisten Tieren kann ich mich recht problemlos verständigen, in ihrer eigenen Sprache. Aber bei den Blauschnäuzchen funktioniert das schlichtweg nicht. Ich habe sie einmal direkt gefragt, warum sie so gerne Pflanzen fressen, die ihnen schaden. Sie haben mich nur mit einem verständnislosen Blick angestarrt. Also hielt ich ihnen die Pflanze vor die Schnauze und fragte sie noch einmal, was sie daran so anziehend finden. Wieder nichts als leere Blicke. Schließlich habe ich versucht, es ihnen einfach zu sagen: ‚Diese Pflanze ist nicht gut für euch.‘ Und kaum hatte ich mich umgedreht, waren sie schon wieder dabei, daran zu knabbern.“
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Rafyndor seufzte und schüttelte resigniert den Kopf.
Arokando nickte verstehend.
Mit Holzpflöcken und magischen Netzen beladen, machten sie sich gemeinsam auf den Weg zum Gehege der Blauschnäuzchen. Der Pfad führte sie tief in den Wald hinein, bis sie schließlich die weitläufige Umhegung erreichten.
„Wir legen hier erst einmal unsere Sachen ab“, erklärte Rafyndor, „dann teilen wir uns auf. Du gehst in diese Richtung, ich in die andere, und wir kontrollieren die Netze rund um das Gehege. Sollte dir ein beschädigter Bereich auffallen, markiere ihn mit dieser Rune − so finden wir die Stellen später leichter wieder. In der Mitte treffen wir uns dann und beginnen mit der Reparatur. Einverstanden?“
Arokando nickte eifrig, und die beiden trennten sich.
In der Ferne erspähte der kleine Goblin eine Ansammlung von Blauschnäuzchen, die sich an den Zaun der Umhegung drängten. Doch als er sich näherte, ergriffen sie hastig die Flucht. Schade, dachte er bei sich, sie scheinen sehr scheu zu sein.
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Mit großer Sorgfalt inspizierte er die Netze und entdeckte bereits drei Stellen, die dringend ausgebessert werden mussten. Während seiner Arbeit fiel ihm erneut eine kleine Gruppe Blauschnäuzchen ins Auge, die in einiger Entfernung verweilte. Dieses Mal schlich er sich mit größter Vorsicht an, langsam und geduldig. Doch auch hier reichte ein bestimmter Abstand, um die Tiere erneut in die Flucht zu treiben.
Arokando seufzte leise. Es würde wohl viel Zeit brauchen, bis ihm diese scheuen Geschöpfe vertrauten. Doch der Gedanke, Teil dieses Waldes und seiner Geheimnisse zu sein, ließ ihn beharrlich weiterarbeiten.
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Gewissenhaft prüfte Arokando die Netze und markierte die Stellen, an denen Ausbesserungen vorgenommen werden mussten.
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Nach einer Stunde hatte Arokando die Umhegung beinahe halb umrundet. Von weitem sah er Rafyndor, der ebenfalls die Netze inspizierte. Mit einem Hauch von Neid beobachtete er, wie die Blauschnäuzchen dem Waldhüter neugierig folgten, ihm bisweilen sogar so nahe kamen, dass er sie fortscheuchen musste, um nicht von ihren schnatternden Mäulern in die Finger gebissen zu werden. Nun ja, dachte Arokando, sie kennen ihn sicher schon lange. Wahrscheinlich würde auch ihre Scheu ihm gegenüber irgendwann schwinden.
Nach einiger Zeit trafen die beiden schließlich aufeinander. Rafyndor richtete einen fragenden Blick auf den jungen Goblin.
„Ich habe ungefähr sechs Stellen gefunden, die repariert werden müssten“, berichtete Arokando mit ernstem Tonfall.
Rafyndor nickte und setzte sich sofort in Bewegung. „Zeig mir die Stellen, damit ich sie mir genauer anschauen kann.“
Zusammen gingen sie den Weg zurück, den Arokando zuvor genommen hatte.
Während sie gingen, fasste der junge Goblin seinen Mut zusammen. Noch immer leicht schüchtern sprach er den Waldhüter an: „Rafyndor, die Blauschnäuzchen sind wohl sehr scheu, oder? Sie sind jedes Mal davon gelaufen, sobald ich mich ihnen genähert habe.“
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Rafyndor wunderte sich, dass die Blauschnäuzchen vor Arokando flohen, da sie normalerweise jedem auf die Pelle rückten, der am Gehege entlang lief.
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Rafyndor blieb abrupt stehen und wandte sich ihm mit sichtlichem Erstaunen zu. „Sie sind vor dir weggelaufen?“, fragte er ungläubig.
Arokando nickte unsicher.
„Das ist wirklich ungewöhnlich“, sagte Rafyndor nachdenklich und rieb sich das Kinn. „Normalerweise folgen sie jedem, der sich ihrem Gehege nähert. Vermutlich in der Hoffnung, freigelassen zu werden. Ich habe noch nie erlebt, dass sie vor jemandem davonlaufen.“
Mit einem Grübeln, das seine Stirn in tiefe Falten legte, setzte Rafyndor seinen Weg fort und begann, die von Arokando markierten Stellen zu überprüfen.
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„Du hast gute Arbeit geleistet“, stellte er schließlich anerkennend fest.
Das Lob ließ Arokando aufstrahlen, doch sogleich wurde sein Blick wieder ernst. „Rafyndor“, begann er zögerlich, „welche Pflanzen sind es eigentlich, die die Blauschnäuzchen so gerne fressen, obwohl sie ihnen schaden?“
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Rafyndor ließ seinen Blick schweifen. Wenige Meter entfernt wuchs ein kleiner Haufen leuchtend gelb-orangefarbener Pflanzen mit dünnen Stielen und großen, auffälligen Blättern. Er deutete darauf. „Diese Pflanzen dort sind es. Pilogi nennt man sie. Aber warum fragst du?“
Arokando hatte während ihrer Unterhaltung über etwas nachgedacht, das ihn zunehmend beunruhigte. Die Worte des Waldhüters, dass die Blauschnäuzchen gewöhnlich allen Wesen hinterherrannten, während sie ihm aus dem Weg gingen, hatten einen unangenehmen Verdacht in ihm geweckt. Doch der Gedanke fiel ihm schwer auszusprechen.
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Blauschnäuzchen waren ganz wild auf Pilogi-Pflanzen.
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Stattdessen sagte er leise, mit einem traurigen Unterton: „Ich möchte gerne etwas ausprobieren. Wenn mein Verdacht stimmt, werden die Blauschnäuzchen keine Pflanzen fressen, die ich berührt habe.“
Rafyndor blickte ihn verwirrt an, eine Spur Besorgnis in seinen Augen. Warum klang der junge Goblin so niedergeschlagen? Und weshalb sollten die Blauschnäuzchen Pflanzen meiden, die er angefasst hatte? Es widersprach allem, was er je über diese Tiere wusste.
„Du willst die Blauschnäuzchen absichtlich mit den Pilogi-Pflanzen füttern?“, fragte der Waldhüter misstrauisch.
Arokando nickte entschlossen.
„Das ist kein Versuch, der den Blauschnäuzchen guttut“, antwortete Rafyndor mit fester Stimme. „Ich kann dem nicht zustimmen.“
Doch Arokando ließ nicht locker. „Bitte, Rafyndor“, drängte er eindringlich. „Ich glaube, ich weiß, warum die Blauschnäuzchen vor mir fliehen. Aber um sicherzugehen, muss ich testen, ob sie wirklich die Pflanzen meiden, die ich berührt habe. Du kannst ja hier bleiben und sie notfalls vertreiben, falls sie doch drangehen wollen.“
Rafyndor betrachtete den jungen Goblin lange schweigend. Dass Arokando an einem einzigen Tag etwas herausgefunden haben wollte, woran erfahrene Lehrende seit Jahren scheiterten, schien ihm äußerst zweifelhaft. Doch die Neugier, die von Arokandos geheimnisvollem Verhalten geweckt wurde, war stärker als seine Skepsis. Schließlich seufzte er, zögerte einen Moment − und nickte dann doch. „Na gut“, sagte er widerwillig, „dann zeig mir, was du vorhast.“
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Die Blauschnäuzchen schnüffelten interessiert an den Pilogi-Pflanzen.
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Arokando pflückte mit bedächtiger Sorgfalt ein Bündel der Pigoli-Pflanzen, dessen leuchtendes Orange in der Lichtung schimmerte, und warf es behutsam in das Areal der Blauschnäuzchen. Anschließend zog er sich lautlos zurück, tiefer in den Schutz des Waldes, bis er gänzlich aus dem Blickfeld der scheuen Geschöpfe verschwunden war.
Kaum war er außer Sicht, sprangen die Blauschnäuzchen mit einer Mischung aus Neugier und Vorsicht herbei. Sie schnüffelten an den Pflanzen, ihre feinen Nasen zitterten im Zwielicht der Lichtung.
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Rafyndor, der das Geschehen mit wachsamem Blick verfolgte, war bereits darauf gefasst einzugreifen, als die Tiere plötzlich zurückschreckten. Mit einem überraschenden Sprung zogen sie sich zurück und beachteten die Pigoli-Pflanzen nicht weiter. Der Waldhüter blieb wie erstarrt stehen − sprachlos angesichts dessen, was sich vor ihm abspielte.
Mit einem kurzen Wink bedeutete er Arokando, wieder zu ihm zu kommen. Doch kaum trat der junge Goblin erneut ins Blickfeld der Blauschnäuzchen, brach unter den kleinen Wesen Panik aus, und sie flohen eiligst in die Tiefe ihres Areals.
„Das ist ungewöhnlich − das musst du mir erklären“, sagte Rafyndor, seine Stimme verriet ein Erstaunen, das er nur selten zeigte. Arokando spürte eine unerwartete Zufriedenheit, den angesehenen Waldhüter mit seiner Beobachtung überrascht zu haben, und ein feines Lächeln schlich sich auf seine Lippen.
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„Du hattest gesagt“, begann der junge Goblin und suchte die Worte mit Bedacht, „dass die Blauschnäuzchen jedem Wesen hinterherlaufen − nur bei mir scheinen sie eine Ausnahme zu machen. Also habe ich darüber nachgedacht, was an mir anders sein könnte als an allen anderen, die diesen Ort betreten.“
Arokando seufzte tief, als lastete ein schwerer Stein auf seiner Brust. „Und“, fuhr er fort, „mir kam nur ein Gedanke: Die dunkle Magie, die ich angewandt habe. Vermutlich begegnen die Blauschnäuzchen nur sehr selten einem Wesen, das mit dieser Art von Magie in Berührung war.“
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Rafyndor wollte von Arokando wissen, wie er auf die Idee gekommen war, dass die Blauschnäuzchen keine Pilogi-Pflanzen fraßen, die er berührt hatte.
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Rafyndor schwieg, seine Stirn war in Falten gelegt, während er die Worte Arokandos bedächtig abwog. Schließlich nickte er langsam. „Das könnte ein Schlüssel sein“, murmelte er. „Doch wie bist du darauf gekommen, dass die Blauschnäuzchen selbst die Pflanzen nicht annehmen würden, die du ihnen darreichst?“
„Wenn sie aus der Ferne erkennen können, dass ich mit dunkler Magie gearbeitet habe“, erklärte Arokando mit leiser Stimme, „dann werden sie vermutlich auch die Pigoli-Pflanzen meiden, die ein dunkler Magier berührt hat.“ Ein weiteres Mal entwich ihm ein tiefer Seufzer, der wie eine unsichtbare Last aus seinem Inneren strömte.
„Du bist kein dunkler Magier“, entgegnete Rafyndor mit fester, tröstender Stimme. „Doch deine Überlegung hat Substanz. Es ist bemerkenswert, dass bisher niemand diesen Zusammenhang bemerkt hat.“ Nachdenklich fügte er hinzu: „Ich frage mich, ob ihr unstillbarer Heißhunger auf die Pigoli-Pflanzen in irgendeiner Weise mit diesem Phänomen zusammenhängt.“
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Eher scherzhaft gemeint, schlug Arokando vor, seine Theorie mithilfe seiner Nachbarn zu testen.
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Arokando ließ ein kurzes, bitteres Lachen erklingen, bevor er mit einem Anflug von Ironie in der Stimme sagte: „Vielleicht sollte ich meine Nachbarn dazu überreden, ihren Streit in der Nähe der Blauschnäuzchen auszutragen. Dann könnten wir direkt sehen, wie die Tiere auf die Präsenz dunkler Magie reagieren.“
Rafyndor runzelte die Stirn, nachdenklich über diesen scherzhaften Vorschlag.
„Würden deine Nachbarn in ihrer Wut womöglich dunkle Flüche auf die Tiere richten?“, fragte er schließlich mit forschender Miene.
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Arokando zuckte mit den Schultern. „Ich halte es für unwahrscheinlich“, antwortete er. „Aber wer kann schon genau sagen, wie sie sich verhalten würden, wenn sich die Lage wirklich zuspitzt?“
Rafyndor lachte leise, bevor er sagte: „Ich muss gestehen, du hast meine Neugier geweckt. Glaubst du, deine Nachbarn würden einer Einladung folgen, wenn ich vorschlage, dass wir zusammen eine Herde besonders scheuer Blauschnäuzchen beobachten? Sollte deine Theorie zutreffen, müssten die Tiere auch vor ihnen zurückweichen.“
Arokando blickte den Waldhüter mit weit aufgerissenen Augen an. Er hatte nicht erwartet, dass Rafyndor auf seinen scherzhaften Einfall eingehen würde.
„Um diesen Gedanken zu prüfen“, sagte er schließlich, „dürfte ich allerdings nicht dabei sein. Denn sonst wüsstest du ja nicht, ob die Blauschnäuzchen vor mir oder vor den anderen flüchten.“
„Ein kluger Einwand“, erwiderte Rafyndor anerkennend. „Dann werde ich nur deine Nachbarn einladen. Glaubst du, sie würden der Einladung folgen?“
„Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen“, antwortete Arokando, der unsicher mit den Fingern spielte. „Aber ich werde ihnen Bescheid geben, dass du sie für morgen Abend einlädst. Morgen Nachmittag werde ich dir berichten, wie sie reagiert haben und ob sie kommen werden.“
Rafyndor betrachtete den jungen Goblin mit einem langen, durchdringenden Blick, der Arokando schließlich etwas nervös werden ließ. Dann lächelte der Waldhüter und sagte: „Ich muss dir etwas gestehen: Du bist ein überaus intelligenter junger Goblin. Es wäre eine unverzeihliche Schande gewesen, hätten die Lehrmeister dich jemals vom Unterricht ausgeschlossen.“
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Rafyndor war von der Intelligenz des jungen Goblins tief beeindruckt.
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