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Als Mojalian Lililja begrüßte, hatte er seinen Geist einzig und allein für sie geöffnet. In diesem ersten Moment der Wiedervereinigung nach mehr als einem Jahr wollte er nichts anderes vernehmen als sie − ihre Gedanken, ihre Nähe, ihre Essenz. Und nun, da er zu seiner eigenen Überraschung ihre Berührung spüren konnte, wollte er sie mit allen Sinnen erfassen, diesen Augenblick in sich bewahren.
Erst nach einer Weile ließ er sie sanft los, ein zärtliches Lächeln auf seinen Lippen. Behutsam löste er einen seiner Schwingen von ihr und öffnete seinen Geist für die Gedanken der Bewohner Vanavistarias. Er war bereit, ihre Stimmen zu empfangen. Doch sein erster eigener Gedanke galt Rafyndor.
Ich grüße dich, Rafyndor, und danke dir aus tiefstem Herzen dafür, dass du Lililja beigestanden hast, wann immer sie deiner Hilfe bedurfte. Mojalians Worte waren von aufrichtiger Freundlichkeit durchzogen, sein inneres Bild von einem sanften Lächeln begleitet.
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Mojalian begrüßte Rafyndor und bedankte sich bei ihm für die Unterstützung Lililjas, bekam aber nur eine hasserfüllte Antwort zurück.
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Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und sie traf ihn mit unbarmherziger Härte: Lass mich bloß in Ruhe, du niederträchtiger, hinterhältiger Seelenmanipulator!
Der Gedanke schnitt wie ein Messer durch Mojalians Bewusstsein.
Rafyndor sprach nicht laut − zu groß war sein Respekt vor Lililja, er wollte sie nicht zusätzlich belasten − doch in seinen Worten hallte das Gefühl von unverhohlenem Hass wider. Und obwohl er sich bemühte, seine Emotionen zu zügeln, konnte er den düsteren, feindseligen Blick nicht verbergen, den er Mojalian zuwarf.
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Ein leises Seufzen vibrierte durch Mojalians Gedankenraum. Er hatte erwartet, dass Rafyndor nicht wohlwollend auf seine Verbindung zu Lililja reagieren würde, doch die blanke Feindseligkeit, die ihm nun entgegenschlug, war dennoch ein Stich ins Herz. Es schmerzte ihn, dass ein einstiger Freund sich so vollständig von ihm abgewandt hatte. Doch er verstand es.
Vielleicht, so hoffte er, würde die Zeit diesen Bruch heilen. Sollte Rafyndor je bereit sein, wieder auf ihn zuzugehen, würde er dort sein − offen, wartend. Bis dahin aber würde er seinen Wunsch respektieren und ihn in Frieden lassen.
Nun wandte sich Mojalian den anderen zu. Seine Gedanken tasteten sich sanft voran, berührten den Geist von Skukius, Nanistra, Meister Lehakonos, Pranicara und auch von Demojon, den er durch Lililjas Erzählungen als Pranicaras Gefährten kannte.
Skukius antwortete prompt, seine Gedanken waren von ehrlicher Freude durchzogen. Es ist schön, dich wiederzusehen, Mojalian. Kurz erwog er, ihn auf den Verrat an Rafyndor anzusprechen, entschied sich dann jedoch dagegen. Es war nicht seine Angelegenheit.
Nanistra vernahm seine Worte ebenso wohlwollend, als er sich an sie wandte: Ich danke Euch, Nanistra, für all Eure Unterstützung und Hilfe. Es war mir stets eine Beruhigung zu wissen, dass Lililja auf Euch zählen konnte, wenn die Last der Verantwortung ihr zu schwer wurde.
Die Hausmagd des Hohenmagiers lächelte sanft und nahm seinen Dank mit einem stummen Nicken entgegen.
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Meister Lehakonos hingegen, der die Begrüßung mit sichtlicher Erleichterung empfing, verlor keine Zeit mit Höflichkeiten. Die Unruhe in der Bevölkerung war gewachsen, die drohende Gefahr allgegenwärtig, und er wusste nicht, wann Hadadust erneut zuschlagen würde. Seine Gedanken waren angespannt, sorgenvoll.
Wie lange braucht ihr, um ins Zentrum der hellen Magie zurückzukehren?
Mojalian antwortete ruhig: Wir können sofort dort sein. Ist es erforderlich, dass wir umgehend aufbrechen?
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Meister Lehakonos war froh, dass er endlich eine Nachricht von Mojalian bekam.
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Der alte Lehrmeister schüttelte gedanklich den Kopf. Nein, nein. Es genügt, wenn ihr morgen zur Versammlung erscheint.
Währenddessen stand Pranicara am Fenster, ihr Blick verlor sich im warmen Schimmer des Abends, ihre Gedanken kreisten allein um Demojon, der irgendwo dort draußen unterwegs war. Als Mojalians Stimme sie erreichte, antwortete sie nur kurz: Mojalian, schön, dass du wieder da bist. Ich hoffe, Rafyndor ist bei euch?
Ja, seufzte Mojalian, Trauer durchzog seinen Gedankenstrom. Aber er begegnet mir mit unverhohlenem Hass.
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Pranicara wartete auf Demojon, fragte Mojalian aber, ob Rafyndor bei ihnen sei.
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Pranicara ließ sich Zeit, bevor sie antwortete. Ihre Stimme war ruhig, aber unnachgiebig: Was hast du erwartet? Du wusstest, welche Gefühle er für Lililja hegt. In dir sieht er nicht mehr den alten Freund − nur den Verräter, der ihm das Wertvollste genommen hat. Du wirst ihm die Zeit lassen müssen, die er braucht, um deine Beziehung zu Lililja zu akzeptieren.
Mojalian ließ den Blick seines Geistes sinken. Ja, natürlich weiß ich das, gestand er. Und doch hatte ich gehofft, dass seine Gefühle für mich nicht so... hasserfüllt wären.
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Er wird sich irgednwann schon wieder besinnen, erwiderte sie. Dann, ohne eine weitere Silbe, kappte sie die Verbindung − denn in der Ferne erkannte sie Demojons Silhouette. In diesem Moment gab es nur noch ihn.
Mojalian suchte den Vykati mit seinem Geist und fand ihn inmitten dichten Nebels, seine Schritte schwer, seinen Blick gedankenverloren. Die Sehnsucht nach Pranicara schien ihn vollkommen auszufüllen. Als Mojalian ihn begrüßte, wirkte es fast wie eine Störung in diesem inneren Ringen.
Hallo, kam die knappe, abwesende Antwort. Und dann war Demojon wieder ganz bei der Einen, nach der er sich verzehrte.
Nachdem Mojalian sich für einen kurzen Moment von Lililja gelöst hatte, um das Portal zu versiegeln, wandte er sich wieder Skukius und Rafyndor zu.
Seid ihr bereit für den Aufbruch?
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Rafyndor erwiderte seine Frage mit einem knappen Nicken und trat mit Skukius an Lililjas Seite. Mojalian breitete seine Schwingen um sie aus, und im nächsten Augenblick fanden sie sich vor Rafyndors Hütte wieder.
Der Waldgeist wandte sich Lililja zu, seine Züge wurden weich, als er ihr einen sanften Kuss auf die Wange hauchte. „Gute Nacht“, sprach er leise, seine Stimme von Zuneigung durchdrungen. Dann griff er wortlos nach dem leeren Korb, der auf der Bank stand, und verschwand mit Skukius in der Hütte − ohne einen weiteren Blick auf Mojalian, ohne einen einzigen Gedanken an ihn zu verschwenden.
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Mojalian umflügelte Lililja, Rafyndor und Skukius und brachte alle zu Rafyndors Hütte.
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Einen Moment lang herrschte Stille. Dann breitete Mojalian behutsam einen seiner großen Schwingen um Lililja, während er mit der anderen sanft über ihre Wange strich. Seine gedankliche Stimme klang leise, voller Liebe. Soll ich dich auch nach Hause bringen, mein Herz?
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Lilillja bemerkte plötzlich, dass Mojalian und sie sich gegenseitig berühren konnten.
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Lililja runzelte die Stirn, als wäre sie gerade aus einem Traum erwacht. „Mojalian“, sagte sie zögernd, „warum kannst du mich berühren?“
Mojalian lachte leise, ein warmer Klang, der in ihren Gedanken widerhallte. Das ist dir ja schnell aufgefallen, Liebes. Ich weiß es nicht genau − doch vermutlich ist es die gleiche Magie, die es uns überhaupt ermöglicht hat, über die Welten hinweg verbunden zu sein.
Er zog sie sanft an sich, und als er ihre Lippen berührte, war es mehr als nur ein Kuss − es war die vollkommene Gewissheit, dass sie endlich vereint waren.
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Dann, ohne ein weiteres Wort, nahm er sie mit sich und brachte sie direkt in ihr Schlafzimmer.
Er ließ sie erst los, als ihre Füße den weichen Teppich berührten. Noch einmal strich er mit federleichter Berührung über ihre Wange.
Liebes, du bist erschöpft, flüsterte er in ihren Geist. Die letzten Tage haben dich viel Kraft gekostet. Leg dich hin und lass alles hinter dir. Ich werde hierbleiben und dich morgen früh wecken. Es ist wichtig, dass du ausgeruht bist, damit du mit neuer Kraft erwachst.
Lililja nickte stumm. Ein Gefühl tiefer Geborgenheit umfing sie, ließ sie die Anspannung der letzten Tage für einen Moment vergessen. Sie schenkte ihm ein müdes Lächeln. „Danke.“
Während sie sich in die Kissen sinken ließ und die Augen schloss, versuchte sie, ihren Geist zu beruhigen, doch ein nagender Gedanke ließ sich nicht vertreiben. Was würde aus Rafyndor werden? Würde er sich jemals mit Mojalian versöhnen? Sie spürte noch immer die unausgesprochene Feindseligkeit, die zwischen den beiden schwebte, und fragte sich, ob ihre Liebe stark genug war, um dem zu trotzen. Doch bevor sie die Gedanken weiterverfolgen konnte, zog der Schlaf sie endgültig in seine sanften Arme.
Mojalian blieb an ihrer Seite, reglos, wachsam. Sein Blick ruhte auf ihr, voller stiller Bewunderung. Wie lange hatte er sich diesen Moment ersehnt − Lililja nah bei sich, friedlich und in Sicherheit. Sein Geist war erfüllt von Glück, doch tief in seinem Inneren nagte etwas anderes an ihm.
Rafyndors Zorn ließ ihn nicht los.
Er wünschte, dass sich die Kluft, die zwischen ihnen aufgerissen war, nicht so unüberwindbar anfühlte. Er hoffte inständig, dass die Zeit die Wunden heilen und Rafyndor eines Tages den Weg zurück zu ihm finden würde. Doch bis dahin blieb nur das Warten − und das Vertrauen darauf, dass wahre Freundschaft selbst die tiefsten Risse überdauern konnte.
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Während Mojalian über den Schlaf von Lililja wachte, ließen ihn die Gedanken an Rafyndors Zorn nicht los.
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